Lässigkeit mit doppeltem Boden – Ein Set-Besuch beim Nachwuchsfilm „Feierabendbier“

Am Set von Feierabendbier in München

Bis Ende Februar wurde in München der FFF-geförderte Debütfilm „Feierabendbier“ von Ben Brummer gedreht, der mit den Klischees der Generation Y und der Hipster-Szene spielt. Ein Bericht vom Set.

Text: Johanna Potthast

Vor dem „Schorsch“, einer kleinen, typischen Münchner Kneipe, stehen große Teile der Inneneinrichtung auf dem Gehweg, die Vorderseite ist fast komplett mit schwarzem Stoff verhängt. Hier wurde von Ende Januar bis Ende Februar 2017 ein Großteil von Feierabendbier gedreht, dem Debütfilm der jungen Produktionsfirma GAZE Film. Das erste Langfilmprojekt von Ina und Adrian Mikkat wurde mit 150.000 € vom FFF Bayern gefördert. Da weitere finanzielle Unterstützung aus der Branche ausblieb, muss das Budget sehr klein gehalten werden: Drehphase in den ruhigen Monaten, geringe Gagen und Sponsoring aus der freien Wirtschaft. „Der Film ist wirklich ein Kooperationsprojekt geworden“, sagt Produzentin Ina Mikkat. Bei der Auswahl der Partner wurde jedoch stets darauf geachtet, dass diese zur Stimmigkeit des Gesamtbilds beitragen.

Die Atmosphäre im jungen Team wirkt trotz Kälte und Übermüdung fröhlich und freundschaftlich.  Alle sind mit Leidenschaft dabei. Einige sind durch persönliche Kontakte zum Projekt gekommen, andere arbeiten sonst mit Christian Tramitz, der ebenfalls mitspielt, am Set von Hubert und Staller. Auf die Frage, wie es ist, mit einem so jungen Team zu arbeiten, antwortet Ina Mikkat: „Man muss ein Fan des Chaos‘ sein. Wir sind ein sehr kleines Team von nur 25 Leuten. Da muss dann natürlich jeder mit anpacken, auch an Stellen, die eigentlich nicht zum Aufgabenbereich des jeweiligen Departments gehören. Ich empfinde ein Chaos aber auch als fruchtbar, weil man immer recht spontan gute Lösungen finden muss.“

Feierabendbier handelt von Magnus, dem Besitzer der Bar „Feierabendbier“, der getrennt lebt von seiner Ex-Freundin und dem gemeinsamen Sohn. Das einzige, das ihm noch Freude bereitet, ist sein Oldtimer. Als dieser jedoch eines Nachts gestohlen wird, droht seine Welt zusammenzubrechen. Auf der Suche nach seinem Auto lernt er seinen Stolz zu überwinden und neue Bindungen einzugehen. Die Rolle des Magnus wird übernommen von Tilman Strauß, Christian Tramitz verkörpert den schrulligen Stammgast Manfred. Auch einige überraschende Gastauftritte wurden eingebaut, unter anderem werden die Sängerin Polina Lapkovskaja der Münchner Kultband Pollyester und Skandalpromi Ben Tewaag zu sehen sein.

Am Set von Feierabendbier Darsteller Tilman Strauß, Kameramann Jakob Wiessner, Produzentin Ina Mikkat, Regisseur und Autor Ben Brummer, FFF-Nachwuchsförderreferentin Julia Rappold, Darsteller Christian Tramitz

Am Set von Feierabendbier: Darsteller Tilman Strauß, Kameramann Jakob Wiessner, Produzentin Ina Mikkat, Regisseur und Autor Ben Brummer, FFF-Nachwuchsförderreferentin Julia Rappold, Darsteller Christian Tramitz

Der Autor und Regisseur Ben Brummer behandelt in Feierabendbier Themen der Generation Y, der Film spielt in und mit dem Hipster-Milieu. „Wenn es um unsere Generation geht, ist es ja so, dass jeder nach außen hin eine gewisse Lässigkeit vermittelt. Man darf aber nicht vergessen, dass die Leute trotzdem ein Paket mit sich rumtragen“, erklärt die Produzentin. Diese Doppelbödigkeit spiegelt sich in der Hauptfigur Magnus: ein Barmann mit typisch cool-lässiger Attitüde, der dennoch eine melancholische Seite hat uns sich von der Trennung von Ex-Freundin und gemeinsamem Sohn nicht erholen kann. „Das hat Tilman in meinen Augen perfekt verkörpert“, lobt Ina Mikkat.

„Klischeebilder haben wir aber trotzdem bedient“, ergänzt die Produzentin. So kann der Film als typische Komödie gesehen werden, „für aufmerksame Zuschauer geht es aber noch einen Tick weiter.“

Dies war von Anfang an das Ziel des Projekts: eine Kombination von Unterhaltung und Anspruch. Das Publikum war dabei stets der Ausgangspunkt, berichtet Ina Mikkat. „Es geht uns darum, für Menschen Filme zu machen.“ Dabei sei es wichtig, die Zuschauer nicht zu unterschätzen: „Das finde ich ganz, ganz fatal!“.

Um die vielschichtige Geschichte möglichst authentisch darzustellen, wurden alle Details akribisch geplant. Neben Licht und Musik war dabei besonders die Ausstattung wichtig. „Als Kostümbildner wollte ich jemanden für dieses Projekt, der alle Trends bis zum Abwinken kennt, der alles weiß und der mir die Leute auch entsprechend anzieht.“  Dies hat wiederum über persönliche Kontakte geklappt: „Die kamen dann mit Sachen um die Ecke, die ich einfach super fand!“ Auch die Meinung der Schauspieler wurde in modischer wie erzählerischer Hinsicht einbezogen. „Wir hören uns alles an und diskutieren auch alles“, erzählt Ina Mikkat.

Besonders schön ist der Produzentin der erste Drehtag in Erinnerung geblieben. Während einer Streitszene haben sich die Darsteller Tilman Strauß und Korinna Krauss einen verbalen Kampf geliefert. „Das war so heftig, dass unser Oberbeleuchter aus dem Raum gehen musste, weil es so echt war und er es nicht mehr ausgehalten hat. Das ganze Team war total elektrisiert.“

Im Herbst soll Feierabendbier in die Kinos kommen. Und auch danach können Filme ähnlichen Stils von GAZE Film erwartet werden, zukünftige Projekte in Zusammenarbeit mit Ben Brummer sind bereits geplant. „Unser Ziel war es schon, mit diesem ersten Film eine Referenz hinzulegen und zu sagen: das ist unsere Interpretation von Unterhaltung“.  Für die Zukunft wünscht sich die Jung-Produzentin jedoch mehr Unterstützung der Branche und Anerkennung dafür, dass diese Art der Unterhaltung vor einem breiten Zielpublikum funktionieren kann.

 

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