Ein Set-Besuch beim Nachwuchsfilm „Die defekte Katze“

Setbesuch Die defekte Katze (c) Hendrik Heiden

Eine deutsch-iranische Ehe mit Hindernissen – Ein Set-Besuch beim Nachwuchsfilm Die defekte Katze

Bis zum 9. Mai 2017 wurde der FFF-geförderte Debütfilm in München gedreht. Darin zeigt die gebürtige Iranerin Susan Gordanshekan wie eine iranische Ehe in Deutschland funktionieren kann. Ein Besuch am Set.

 Von Tim Nauerz

Ein Vormittag im Möbelhaus. Neben Sofas, Tischen und Lampen herrscht ungewöhnlich viel Trubel. „Alle Beteiligten ans Set bitte“, ruft die Aufnahmeleiterin. Das Filmset ist gerade in einer Wohnküche aufgebaut. Kamera, Licht und Ton sind bereits eingerichtet. Der Blick von Susan Gordanshekan wirkt entspannt. Trotzdem liegt Spannung in der Luft. Die junge Regisseurin gibt noch letzte Anweisungen. Alle Beteiligten gehen auf Position – „Ruhe bitte“ schallt es durch das Möbelhaus. Auf dem Monitor verfolgt Gordanshekan die Filmszene. Die Hauptdarsteller Pegah Ferydoni und Hadi Khanjanpour kochen gemeinsam in der Wohnküche – mitten im Möbelhaus. Ein ungewohntes und gleichzeitig amüsantes Bild.

In Gordanshekans Film geht es um den jungen iranischen Assistenzarzt Kian, der in Deutschland lebt und erfolglos in Internet-Partnerportalen nach einer Frau sucht. Als die Frustration nach mehreren gescheiterten Blind Dates wächst, findet er auf die klassische iranische Tradition über ein Kennlerngespräch endlich jemanden. Doch die lang ersehnte Ehe gestaltet sich schwieriger, als die anfängliche Vorstellung davon. Erst nachdem die Ehe scheitert, scheint der Anfang einer echten Beziehung zwischen den beiden möglich.

Susan Gordanshekan wurde von ihrer eigenen Familiengeschichte inspiriert und wollte einen Film machen, der eine „umgekehrte Liebesgeschichte“ erzählt. Die junge Regisseurin hat sich viel mit der Tradition des Heiratens im Iran auseinander gesetzt. Die Dialoge der beiden Hauptfiguren Mina und Kian setzen sich aus Interviews mit Verwandten von Gordanshekan zusammen, die auf die traditionelle iranische Art geheiratet haben. In dieser Tradition des „Khastegari“ suchen sich Menschen einen Ehepartner – durch Gespräche – nach oberflächlichen Kriterien aus, entscheiden sich für eine Person, die ihnen sympathisch ist und lernen den Partner dann erst während der Ehe wirklich kennen. Diese Thematik hat die Regisseurin schon immer fasziniert und dann ist die Lust entstanden, diese Idee in einen westlichen Kontext zu setzen.

Bei den Dreharbeiten im Möbelhaus von "Die defekte Katze".

Bei den Dreharbeiten im Möbelhaus von „Die defekte Katze“.

Mittlerweile ist die Szene in der Wohnküche im Kasten. Das Filmset zieht im Möbelhaus um. Die Crew macht sich an den Abbau. Die nächste Einstellung soll auf einer Treppe gedreht werden. Erleichterung ist im Gesicht der Regisseurin zu sehen. Mehrere Wochen Dreh zerren an Kraft. Ein 90-minütiger Film zum ersten Mal zu stemmen, ist gar nicht so einfach. Susan Gordanshekan ist allerdings sehr glücklich mit ihrem Team und ist immer wieder überrascht, wie alle Mitwirkenden jeden Tag hochkonzentriert und kreativ zusammen arbeiten. Die größte Schwierigkeit besteht für sie darin, das Pensum an Szenen an einem Tag zu schaffen – ständig arbeitet das Team in einem Wettlauf gegen die Zeit. Die Zusammenarbeit mit den Hauptdarstellern Pegah Ferydoni und Hadi Khanjanpour gestaltet sich bisher sehr spannend, berichtet Gordanshekan. Am Set überlegen sie oft gemeinsam, was sie machen und welche Handlungen den Figuren auch wirklich entsprechen. Oftmals denken sie sich mehrere Varianten aus, um Möglichkeiten im Schnitt zu haben. Die beiden Hauptdarsteller haben sich während der Dreharbeiten sehr gut in ihre Rolle eingefühlt und die Regisseurin hat das Gefühl, dass sie immer mehr wissen, was die Figur, die sie spielen, fühlt und denkt.

Auch Produzent Ralf Zimmermann (Glory Film), der zum ersten Mal mit Gordanshekan zusammen arbeitet, zeigt sich begeistert von den Ideen der jungen Regisseurin. Für ihn ist es wichtig, Kontakt zur jungen Generation von Filmemachern zu halten. Das Drehbuch zeichnet sich durch eine eigene Handschrift aus und Zimmermann ist von dem Filmprojekt begeistert, denn ihn interessiert der Blick der jungen Generation auf unsere Gesellschaft. Als Produzent ist es ihm wichtig zu zeigen, wie Leute aus anderen Nationen zu uns kommen und hier eine neue Heimat finden.

Für den deutschen Zuschauer wird der Blick geöffnet in eine bisher verschlossene Welt. Die Sehnsüchte, Konflikte, Ziele der jungen Leute stehen dabei im Fokus. Der Kinobesucher kann dabei über seine eigene Position in der Gesellschaft nachdenken, beispielsweise wie er diesen Menschen begegnet und ob ihre Erfahrungen und Werte auch sein eigenes Leben bereichern. In Deutschland lebende Iraner werden sich vielleicht in diesem Film wiederfinden, meint Zimmermann. Die junge Filmemacherin möchte, dass die Zuschauer anfangen darüber nach zu denken, was eine Beziehung überhaupt ist und ob sie auch anders entstehen kann als im westlichen Idealbild. Es soll eine Anregung sein über andere Dinge nachzudenken, die in einer fremden Kultur anders laufen können. Es gibt manchmal kein richtig oder falsch, sondern etwas ist lediglich anders.

Der Dreh wurde am 9. Mai 2017 mit dem letzten Szenenbild abgeschlossen. Nun geht es weiter in die Postproduktion. Die defekte Katze wurde vom FFF Bayern in der Nachwuchsförderung mit 200.000 Euro unterstützt.

Doch eine offene Frage steht am Ende noch im Raum. Welche Bedeutung hat die Katze? Gordanshekan erklärt, dass die Katze für die Beziehung zwischen den beiden Hauptfiguren Kian und Mina steht. Das Tier ist von Anfang an „defekt“. Sie verhält sich nicht so, wie sie soll, sie funktioniert nicht. Menschen, Tiere, Lebewesen haben ihre Makel, sie können nicht einfach funktionieren, sie machen Fehler. Kian und Mina haben einander nach oberflächlichen Kriterien ausgesucht, doch bald stellen sie fest, dass sie nicht so funktionieren, wie sie es erwartet haben.

Header-Foto:
v.l.stehend: Ralf Zimmermann (Glory Film), Julia Rappold (FFF-Bayern), Monika Lobkowicz (BR/ARTE), Natalie Lambsdorff (BR), Julian Krubasik (D.O.P)
sitzend: Constantin von Jascheroff (Darsteller), Henrike von Kuick (Darstellerin), Susan Gordanshekan, Pegah Ferydoni (Darstellerin), Hadi Khanjanpour (Darsteller)

(c) Hendrik Heiden

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