Virtual Reality – Die Zukunft des Dokumentarfilms?

Das Virtual Reality Pop Up-Kino des DOK.fest München

Virtual Reality, Videos in 360° – dieses Genre polarisiert derzeit. Wie weit ist VR schon und was können Dokumentarfilmer mit dieser neuen Technologie bewirken? Das DOK.fest München stellt sich der Diskussion.

Von Tim Nauerz

Zum diesjährigen DOK.fest haben sich die Veranstalter etwas ganz Besonderes einfallen lassen – 360° Momente für alle zugänglich und erlebbar. Im sogenannten Loftcube in unmittelbarer Nachbarschaft zur Pinakothek der Moderne steht das Virtual Reality Pop Up-Kino, das noch bis zum 14. Mai sieben künstlerisch hochwertige Virtual Reality-Dokumentarfilme zeigt. Das Kino soll die neue Technologie für alle Besucher mithilfe von VR-Brillen erfahrbar machen.

Daniel Sponsel, künstlerischer Leiter des DOK.fest, begrüßt das Angebot und erklärt, dass die Realität in der Brille stattfinden kann. „Etwas Neues verdrängt hierbei nie etwas Altes“, so Sponsel.
Allerdings weiß die Filmbranche noch nicht genau, für welchen Zweck die 360°-Technik zu nutzen ist. Es scheint vielmehr, als sei es eine Spielerei für Technikbegeisterte, ohne einen bestimmten Mehrwert zu schaffen.

Eingebunden ist das aktuelle Projekt im DOK.forum. Sebastian Sorg, Leiter des DOK.forum, ist der Austausch über VR wichtig. Er freut sich auf den Dialog mit der Filmbranche und ist gespannt, wie die 360°-Technik bei den Besuchern ankommt.

Das Virtual Reality Pop Up-Kino zeigt die aktuelle Vielfalt an Darstellungs- und Erzählformen sowie innovative, journalistische und essayistische Formate. Es werden sieben Filme vorgestellt, die den Betrachter auf unterschiedlichste Weise berühren. So gibt es das Projekt Inside Auschwitz, das den Zuschauer in die Innenräume des Konzentrationslagers führt. Es wird die Geschichte von drei Frauen erzählt, die zu den letzten Zeitzeuginnen des NS-Verbrechens gehören. Diese emotionale Geschichte soll eine Verbindung zu der jüngeren Generation herstellen und eine neue Sichtweise auf den Holocaust schaffen. Mit Hilfe der 360°-Technik, die sowohl aus der Luft, als auch vom Boden gedreht wurde, werden die persönlichen Sichtweise der Zeitzeuginnen und die gewaltige Dimensionen des Konzentrationslagers zu einer sehr eindrücklichen Erfahrung für den Zuschauer. Der User ist hierbei nicht mehr Zuschauer. Er kann sich nun selbst umschauen und seine eigene Perspektive wählen.

Auch das 360°-Video der Süddeutschen Zeitung lässt den Betrachter nachdenklich zurück. In Das Meer der Verzweifelten wird der Zuschauer Augenzeuge einer Seenotrettung von Geflüchteten im Mittelmeer. Die SZ verfolgt seit einigen Jahren die Strategie vermehrt auf Virtual Reality zu setzen. Die Videos sind immer eingebettet in eine Berichterstattung. Denn der Entertainment Charakter soll nicht im Vordergrund stehen. Die 360°-Videos sollen bei Geschichten produziert werden, die einen Mehrwert besitzen.

Bei der Pressevorführung im Virtual Reality Pop Up Kino

Bei der Pressevorführung im Virtual Reality Pop Up Kino

Die Debatte, was die Vorteile von VR im Vergleich zur klassischen Print-Berichterstattung sind, bleibt spannend. Genau diese Diskussion sollte auch geführt werden, meint Festivalleiter Sponsel. Denn wo die Grenze verläuft, was Regisseure mit 360° erzählen können und was nicht, ist wichtig für die Filmemacher.

Doch braucht der Zuschauer die Videoerlebnisse mit einem Rundumblick und ist dies wirklich eine Chance für den Dokumentarfilm? Gerade dieses Genre verleiht einer erzählten Geschichte einen sehr persönlichen Charakter. Die Möglichkeit die Szene in 360° zu erleben, lenkt viel zu sehr vom Geschehen ab. Der Fokus wird nicht mehr auf die eigentliche Handlung gelegt, sondern der Betrachter konzentriert sich zunehmend auf das Umherschauen mit der VR-Brille. Eine stärkere Bindung zu der Geschichte aufzubauen fällt schwer. Die Vorstellung einen kompletten Dokumentarfilm in 360° zu erleben wirkt eher befremdlich. Den konzentrierten Blick auf das bewegte Bild zu halten, fällt sicherlich schwer.

Seit 2014 beschäftigt sich das DOK.forum mit dem Thema Virtual Reality und versucht immer wieder über die neue Technologie ins Gespräch zu kommen. Diesen Austausch wünschen sich die Verantwortlichen auch in diesem Jahr mit den Besuchern des Virtual Reality Pop Up-Kino.

Das Loftcube bei der Pinakothek der Moderne (Barer Straße 40) ist von Montag bis Freitag von 14:00 bis 20:00 Uhr und am Wochenende von 11:00 bis 20:00 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei. Eine Übersicht über die vorgestellten VR-Filme finden Sie hier.

 

 

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