»Luis Trenker – Der schmale Grat der Wahrheit« (Roxy Film/EPO Film/BR/ORF) läuft in der Reihe Neue Deutsche Fernsehfilme beim Filmfest München. Ein Interview mit den Produzenten von Roxy Film.
Luis Trenker – Der schmale Grat der Wahrheit feiert Premiere auf dem Filmfest München. Ihre Produktionsfirma war schon mehrere Male mit Fernsehfilmen auf diesem Festival vertreten, erst letztes Jahr mit Monsoon Baby. Warum ist die Fernsehfilmreihe des Münchner Filmfests eine geeignete Arena für Premieren?
Annie Brunner, Andreas Richter und Ursula Woerner: Wir können uns für unsere Premieren keine bessere Plattform vorstellen als das Münchner Filmfest, das stets hohen künstlerischen Anspruch mit einer angenehm familiären Atmosphäre verbindet. Die qualitativ hochwertige Fernsehfilmreihe bildet jedes Jahr den Querschnitt der bemerkenswertesten TV-Produktionen eines Jahrgangs – insofern sind wir natürlich sehr froh und stolz, einen mit so viel Herzblut gemachten Film wie Trenker wieder in diesem Rahmen präsentieren zu dürfen.
Wolfgang Murnberger hat das Drehbuch inszeniert. Er ist vor allem für österreichischen schwarzen Humor bekannt. Warum haben Sie sich für ihn entschieden?
Als große Fans seiner bisherigen Filme hatten wir schon lange geplant, einen Film mit Wolfgang Murnberger zu machen. Für Trenker hielten wir ihn für die perfekte Regiebesetzung, weil er nicht nur ein unglaublich gutes Gespür für Schauspieler besitzt, sondern mit seinem besonderen Blick auch solchen Situationen einen sehr feinen Humor verleiht, wo man es eigentlich nicht vermuten würde. So ist Trenker, dessen zeitliche Verortung und Thematik per se eher wenig komödiantisches Potential bietet, zu einem hoffentlich sehr unterhaltsamen Film geworden, bei dem man auch lachen darf und soll.
Filme, die das Verhältnis von berühmten und schillernden Persönlichkeiten zum Nationalsozialismus spiegeln, werden häufig wegen historischer Ungenauigkeit oder unkomplexer Darstellung kritisiert. Wie haben Sie sich dagegen abgesichert?
Unser Autor Peter Probst hat sich jahrelang intensiv in die Materie eingearbeitet, d. h. nicht nur die Biographien Trenkers und Riefenstahls, sondern sämtliche relevante Literatur zum Thema gelesen und die historischen Fakten recherchiert. Darüber hinaus haben wir uns während der Arbeit am Drehbuch u. a. mit einem Sohn Luis Trenkers sowie dem Enkel des Regisseurs Arnold Fanck über die angemessene Darstellung der historischen Persönlichkeiten ausgetauscht. Da wir aber keine Dokumentation, sondern einen Spielfilm gedreht haben, können einige Details der Handlung wie der Inhalt der persönlichen Gespräche unserer Figuren natürlich nur eine Annäherung an „die Wahrheit“ sein.
Bisher gibt es wohl keine filmische Fiktionalisierung von Luis Trenker und seinem Leben. War das im Vorfeld für Ihre Produktion gut oder schlecht, dass es keine anderen Filme gibt?
Wir haben es als Vorteil empfunden, uns dem Thema und insbesondere der vielschichtigen Figur Luis Trenkers relativ unbelastet und unbefangen zu nähern. Während der Drehbuchphase gab es dann allerdings immer wieder heiße Diskussionen darüber, ob wir Trenker tatsächlich in seiner ganzen Ambivalenz, also auch als „Fähnchen im Wind“ und geschäftstüchtiges Schlitzohr, zeigen sollen und dürfen. Der Film ist der Versuch, Trenker einerseits als den großen Filmemacher, der er zweifelsohne war, zu würdigen, aber auch seine menschlichen Schwächen und Konflikte nicht zu beschönigen. Wir haben uns in diesem Zusammenhang natürlich auch oft die Frage gestellt, wie wir uns an seiner Stelle verhalten hätten. Denn als Künstler hängt man immer von der Gunst der Mächtigen ab – das geht uns heutigen Produzenten ja nicht anders …
Der Film spielt auf zwei Zeitebenen – der Gerichtsverhandlung nach dem Krieg und der Zeit im Nationalsozialismus. Das hat ja damit zu tun, dass Sie sich auf die Geschichte der angeblichen Tagebücher von Eva Braun konzentrieren. Wieso ist genau dieser Ausschnitt aus dem Leben Trenkers am interessantesten für einen Film?
Das hat zum einen damit zu tun, dass wir kein reines Biopic machen wollten, da es uns zu langweilig erschien, die Stationen in Trenkers Leben einfach chronologisch „abzuarbeiten“. Was uns an dem Stoff immer besonders interessiert hat, war die Frage, wie jemand, der in einem System wie dem Nationalsozialismus eine Art „künstlerischer Überlebensstrategie“ gefunden hatte, sich nach Kriegsende praktisch noch einmal komplett neu erfinden musste. Alle Versuche Trenkers, nach dem Krieg als seriöser Filmemacher noch einmal Fuß zu fassen, sind ja auf tragische Weise gescheitert. Die Geschichte mit den gefälschten Tagebüchern – von ihm nachträglich als „Scherz“ bezeichnet – markiert in dieser Hinsicht eben auch seinen persönlichen Tiefpunkt. Dort anzusetzen, schien uns ein vielversprechender Ansatz, die Geschichte mit modernen Mitteln zu erzählen.
Um auf den Filmtitel einzugehen – bewegt sich der Film selbst auch auf dem schmalen Grat? Oder entscheidet er sich für eine Wahrheit?
Ja, das stimmt. Es ist ja auch ein fiktionaler Film und da gibt es natürlich viele Wahrheiten. Wie bereits erwähnt, haben wir uns so weit wie möglich an die historischen Fakten gehalten und uns der Wahrheit verpflichtet gefühlt. Da jedoch keiner von uns bei den Gesprächen Trenkers mit Leni Riefenstahl, seiner Frau oder Goebbels dabei war, bleibt dieser Teil der Geschichte natürlich Spekulation.