Michael Coldewey ist Geschäftsführer von Trixter und hat am 1. März 2015 seine Professur für VFX an der HFF München angetreten. Ein Gespräch über die Vereinbarkeit beider Jobs, den Aufbau des VFX-Studienbereichs und Zukunftspläne.
Seit März 2015 sind Sie Professor für VFX an der HFF München. Wie ist es dazu gekommen?
Ich kann es tatsächlich noch nicht glauben, dass ich das jetzt bin, der hier sitzt. Ich habe nicht auf die HFF eingeredet, dass sie dringend eine VFX-Professur benötigen, damit ich dort einen Job bekomme. Ich habe mit Trixter meine eigenen Projekte. Als es dann aber zu der Ausschreibung der Professur kam, haben alle um mich herum gesagt, dass ich mich bewerben solle. Ich habe mich verpflichtet gefühlt, das zu machen. Ich habe nicht damit gerechnet, dass ich am Ende derjenige bin, der ausgewählt wurde. Das hat mich erst einmal erschrocken. Es hat ja auch mit viel Arbeit zu tun.
Wie lässt sich die Professur mit ihrem Job als Geschäftsführer bei Trixter vereinbaren?
Ich habe mit Christian Sommer seit eineinhalb Jahren einen fantastischen Geschäftsführer bei Trixter. Er ist ein Riesenglücksfall. Wenn er nicht für Trixter arbeiten würde, hätte ich die Professur nicht annehmen können. Offiziell habe ich ja nur eine halbe Professur. Ich habe jetzt zwar längere Tage, aber die hatte ich eh schon immer. Ich bin mit meiner Arbeit an der HFF fertig, wenn unsere Kunden in Amerika aufstehen. So kann ich danach noch einige Stunden im Büro verbringen.
Es ist ja auch nicht so, dass die HFF ein schwarzes Loch für mich ist, was Trixter anbelangt. Ich verspreche mir davon, dass ich viele Inspirationen aus der Arbeit an der HFF ziehe, weil ich von jungen Leuten umgeben bin, die fantastische Ideen haben.
Sie haben gesagt, dass es ihr Hauptanliegen ist, den Studenten die Berührungsängste vor VFX zu nehmen. Worin bestehen diese Ängste?
Die größte Angst besteht darin, dass immer davon ausgegangen wird, dass VFX wahnsinnig teuer und aufwendig sei. Es wird immer mit Hollywood Produktionen wie den Marvel-Filmen verglichen. Aber wenn man es herunterbricht, sind die Kosten nicht das Problem. Es kann sogar sein, dass Retuschen bei Projekten oft einfacher sind, als ein Set komplett neu aufzubauen oder zu verändern. Das möchte ich den Studenten vermitteln, damit man mit VFX normaler umgeht und bei Filmprojekten von vornherein über die Möglichkeiten diskutiert. VFX ist ein ganz normales Filmgewerk, obwohl es nicht als dieses angenommen wurde. Die Visual Effects haben sich so stark etabliert, dass sie bei vielen Filmprojekten den gleichen Stellenwert wie die Maske, Ausstattung oder das Licht haben. Denn ab einem gewissen Grad helfen die Visual Effects, die Geschichte zu erzählen. „Elser“ zum Beispiel ist ein Film, wo Visual Effects notwendig sind, um den Film authentisch zu erzählen.
Wie ist das VFX-Studium strukturiert? Wie gestaltet sich der Lehrplan?
Visual Effects wurden an der HFF immer mit angeboten. Es gibt einen Bereich für digitale Postproduktion, in dem VFX bereits integriert ist und der von Christoffer Kempel betreut wird. Mit mir ist nun eine Person vor Ort, an die man sich offiziell wenden kann und die aus der Industrie in die HFF kommt. Ich muss jetzt erst einmal schauen, wie ich mich in ein vorhandenes System eingliedere.
Zunächst haben wir dieses Semester für die Studenten eine Wahl/Pflicht-Woche eingebaut, die sich nur mit Visual Effects beschäftigt. Für mich war sehr interessant zu sehen, wie das Angebot angenommen wird. Ich kannte keine Studenten und wusste nicht, was sie bewegt und was sie benötigen. In dieser Woche wird an jedem Tag ein Schwerpunkt aus den Visual Effects thematisiert. Die Studenten müssen wissen, wie Visual Effects funktionieren. Ein Regisseur wird sich nicht so sehr für das Producing von VFX interessieren, sondern eher auf das Supervising oder auf Concept Art, also die visuelle Entwicklung von Visual Effects. Deshalb habe ich die Woche so aufgebaut, dass es jeweils an einem Tag nur ums Producing, an einem anderen nur ums Supervising und Concept Art geht. Ein weiterer Tag dreht sich nur um Animation. Die Studenten haben das Angebot sehr gut angenommen. Damit werden wir weitermachen und es vertiefen.
Wie unterscheidet sich das VFX-Angebot an der HFF München von VFX-Studiengängen an anderen Filmhochschulen?
Es gibt bereits Filmhochschulen, die Studenten für Visual Effects und Animation ausbilden, wie zum Beispiel das Animationsinstitut in Ludwigsburg. Da stellt sich dann die Frage, ob man das hier noch einmal braucht. Durch die Menge der Filme, die selbstverständlich mit Visual Effects umgehen, muss man den Studenten VFX in München anbieten können. Erst einmal nicht als eigenen Studiengang, bei dem man sich für Animation oder Visual Effects entscheiden muss. Ich sehe den Start an der HFF auf Visual Effects fokussiert. Die Effekte, die dem Realfilm dienen. Nicht nur dem Spielfilm, sondern auch dem Dokumentarfilm und der Werbung. Da benötigt man auch VFX. Das ist für mich semesterübergreifend.
Wenn ich den Vergleich zu anderen Schulen sehe, ist die HFF München aber schon wahnsinnig gut ausgestattet. Ich glaube, es ist ganz wichtig zu sehen, was die Studenten wirklich brauchen, und an welcher Stellschraube man am besten was machen kann, um im Nachhinein den größten Effekt zu sehen.
Was planen Sie für die Zukunft?
Ich finde Personal wichtiger als Equipment. Denn das ist da. Ich hätte gerne noch einen Generalisten, einen Visual Effects Artist, der alles kann, und einen Assistenten für die organisatorischen Dinge.
Außerdem will ich Events machen, wie zum Beispiel beim Filmfest München. Dann will ich Kooperationen mit anderen VFX-Schulen aufbauen. Ich möchte, dass die HFF bei der FMX in Stuttgart einen Tisch hat. Es soll deutlich gemacht werden, dass wir hier in der Ausbildung kompetent sind. Die Studenten haben nicht nur fantastische Ausstattungen, sie haben hier auch die Möglichkeit, ihre VFXn umzusetzen. Und dafür benötigt man Personal. Das ist das erste, was ich brauche.