Seit 25 Jahren mimen Miroslav Nemec und Udo Wachtveitl das Ermittlerduo Batic und Leitmayr im Münchner Tatort. Jede neue Episode erzählt auch ein Stück Stadtgeschichte. Ihr 72. Fall wird derzeit in der bayerischen Landeshauptstadt gedreht.
„Mia san jetz da wo’s weh tut“ heißt der Jubiläums-Tatort aus München. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Denn der dialektale Titel spielt nicht etwa auf den physischen Zustand der beiden Kommissare Batic und Leitmayr an – ganz im Gegenteil. Auch nach 25 Jahren im Dienst ist man noch mit Leidenschaft, mit Herzblut dabei. Und das gilt nicht nur für Miroslav Nemec und Udo Wachtveitl. „Jeder Tatort muss der Beste werden“, sagt Stephanie Heckner, seit 2012 verantwortliche Redakteurin des BR. Das gelte für das Jubiläum ebenso wie für jede andere Folge. Leidenschaft – das ist die oberste Prämisse, wenn man über zwei Jahrzehnte an einem Format arbeitet, das doch immer wieder neue Geschichten erzählen will. Das gilt vor allem für die Qualität der Geschichten und das Profil der Figuren, die damals, 1991, Silvia Koller aus der Taufe hob.
Freilich ist das in den letzten 25 Jahren mal besser, mal schlechter gelungen, was auch die beiden Hauptdarsteller nicht verhehlen. Eine Lieblingsfolge allen anderen voranzustellen sei ein Ding der Unmöglichkeit. Auch das Gegenteil gebe es, fügt Udo Wachtveitl hinzu. Ganz am Anfang, 1991, habe man sich geweigert für drei Jahre zu unterschreiben, sich langfristig zu binden. Und doch haben sie immer weiter gemacht. In „gschlamperten Verhältnissen“, wie Wachtveitl es nennt. Natürlich sind sie dabei auch an ihre Grenzen gestoßen. „Wenn gestritten wurde, dann wegen des Drehbuchs“, sagt Miroslav Nemec.
„Wenn ich etwas hasse, dann so a Dienstjubiläum und womöglich so an g’schissenen Champagner dazu“, lässt Autor und Regisseur Max Färberböck den Leitmayr in Folge 72 sagen. Dass tatsächlich schon 25 Jahre vergangen sind, sehen Nemec und Wachtveitl gelassen. Beide sind auch abseits des Tatorts aktiv, spielen in Filmen und Serien, touren mit Bühnenprogrammen. Der Tatort nimmt da nur ca. ein Drittel des Jahres in Anspruch, ist ein Projekt neben anderen. Aber eben auch eine sichere Konstante, zu der man immer wieder zurückkehrt. Mit Stephanie Heckner habe 2012 eine neue, fruchtbare Zusammenarbeit begonnen, die konstruktiv, engagiert und frisch sei, meint Nemec.
Die einzelnen Fälle behandeln gesellschaftsrelevante Themen. Sie erzählen München als Stadt – deren Lässigkeit spiegelt sich in den Figuren wieder. Nicht „typisch“ bayrisch, „typisch“ münchnerisch sei der Tatort. Früh tauscht man sich über die Drehbücher aus, diskutiert, wirft 25 Jahre Erfahrung in die Waagschale, achtet auf die Qualität dessen was man da erzählt.
Vielleicht ist der Münchner Tatort auch deshalb so erfolgreich, weil er nicht krampfhaft versucht, besonders zu sein. Er ist humoristisch aber nie klamaukig, erzeugt Spannung frei von effektheischender Pyrotechnik. Er spielt mit Lokalkolorit, statt es in ein folkloristisches Kostüm zu zwängen. Produzentin Annie Brunner von der Roxy Film bringt es auf den Punkt: die Kommissare seien es, die dem Münchner Tatort seine Farbe geben. Nemec und Wachtveitl haben sie über diesen langen Zeitraum geformt, weiterentwickelt, verfeinert. Wenn man sich frühere Folgen anschaue, dann sei es wie auf alte Freunde zu treffen, meint Brunner. Wie im echten Leben eben. Diese Beziehung, die spezielle Art zu kommunizieren, spannt einen Raum auf, den die beiden Protagonisten bespielen. Das Duo Nemec-Wachtveitl funktioniert – nach wie vor. Der Protest des Publikums über den ungewissen Ausgang und den Verbleib von Kommissar Leitmayr nach „Am Ende des Flurs“ (2014) haben das klar zum Ausdruck gebracht. Ein Ende ist so bald wohl auch nicht abzusehen – solange es gelingt, starke authentische Geschichten zu erzählen, die die beiden spielen wollen.
Der Ausstrahlungstermin ist für Frühjahr 2016 geplant.
Text: Leonie Gruber