Ein Interview mit Marcus H. Rosenmüller über seinen aktuellen Kinofilm „Beste Chance“.
„Beste Chance“ ist der letzte Teil der „Beste“-Trilogie und läuft ab dem 26.6.2014 in den Kinos. Die ersten beiden Teile „Beste Zeit“ und „Beste Gegend“ wurden bereits 2007 ausgestrahlt. Warum mussten wir so lange auf „Beste Chance“ warten?
Marcus H. Rosenmüller: Es war schon angedacht, dass es eine gewisse Zeit dauert. Vier Jahre wären super gewesen, fünf auch noch, aber sechs Jahre waren die äußerste Grenze, damit es noch glaubhaft ist, was gespielt wird. Wir haben alle in der Zwischenzeit an vielen anderen Projekten gearbeitet. Andererseits finde ich die Zeitspanne super. Du siehst den Schauspielern an, was lost ist: Dass sie wirklich was erlebt haben, dass sie älter geworden sind. Die Finanzierung war auch nicht einfach, weil der Film teurer geworden ist, als wir dachten. Uns fehlte das Budget und wir mussten noch einmal das Buch bearbeiten und Kompromisse suchen.
Du hast alle drei Teile nach Drehbüchern von Karin Michalke verfilmt, beim dritten Drehbuch sogar selbst mitgeschrieben. Wie kam es dazu?
Rosenmüller: Beim zweiten Buch war ich auch schon mit dabei. Es kam dazu, weil wir miteinander gesucht haben, wo es hingehen könnte und ich von Anfang an involviert war. „Beste Zeit“ wurde von Karin Michalke an mich herangetragen. „Beste Chance“ haben wir dann miteinander zusammen entwickelt. Aber Karin Michalke hat den größten Anteil dazu beigetragen.
Im dritten Teil spielt Indien eine wichtige Rolle. Während Jo aus Indien wieder Heim kehrt, entscheidet sich Kathi für einen Aufenthalt dort, um auf Sinnsuche zu gehen. In deiner Culture-Clash Komödie „Sommer in Orange“ suchen die Figuren auf dem bayerischen Land ebenfalls nach Erleuchtung und leben in einer Bhagwan Kommune. Warum beschäftigt dich das Land bzw. Thema so?
Rosenmüller: Bei „Sommer in Orange“ war es eher Zufall, dass ich auf das Thema gestoßen bin. Es hat mich sofort angesprochen, da ich darin auch diesen Kampf in mir sah. Der eine Teil, der die Regeln niedermetzeln möchte und die Sehnsucht danach hat, freier zu leben. Und der andere konservativere Teil, den ich in mir trage. Am Ende meines Studiums bekam ich ein Stipendium und habe meinen Abschlussfilm „Hotel Deepa“ in Indien gedreht. Ich war dort vier Monate und das war für mich, der nie gereist ist, der größtmögliche Kontrast. Karin Michalke ging es bei ihrer Indienreise ähnlich. Das war das, was wir für die Figur der Kathi in „Beste Chance“ gesucht haben. Man redet immer von der Idee der Weltreise. Wir meinen, dass wir schon recht schlau sind, dabei merken wir gar nicht, wie festgefahren wir durch das Leben gehen. Man diskutiert und lamentiert, wie schwer alles ist. Dabei müsste man rebellieren und ein richtiger Sozi sein. Das ist jetzt keine Kritik. Es gibt eben diese Phase im Leben, in der du meinst, die Weisheit mit dem Löffel gefressen zu haben. Du kapierst aber noch gar nicht, dass du noch nicht gelebt hast und nicht viel von der Welt weißt. Oft gibt es dann einen Perspektivwechsel, dass man sich nach dem Studium die Frage stellt: Was fang ich damit jetzt an? Deshalb muss die Figur der Kathi endlich die Bücher und den Rucksack ablegen, um endlich frei zu sein. Manchmal braucht es diesen Schubser, um Erfahrungen zu machen.
Obwohl es diesen Schubser gibt, kehren die Figuren alle wieder zurück in die beste Gegend, die Heimat.
Rosenmüller: Es ist vielleicht utopisch, aber ich wollte dieses Glück zeigen, geborgen aufzuwachsen. Mit guten Freunden und Familie. Wenn du dieses Glück hast, gibt es dir Kraft, die man nicht verliert. Bei der Kathi weiß ich gar nicht, ob sie zurück nach Tandern ziehen oder in Indien bleiben wird.
Wie verliefen die Dreharbeiten in Indien?
Rosenmüller: Das war nicht einfach. In Delhi am Bahnhof mit meiner Utopie einen Gut-Mensch-Film zu drehen, in dem alles harmonisch ist, war seelisch sehr hart zu verkraften. Die Kathi rettet in einer Szene im Film ein Kind und beim Dreh standen 50-100 Kindern daneben, denen es so dreckig ging. Was für ein Segen, wenn du das Glück hast, geborgen in einer Familie aufzuwachsen.
Der Dreh war aber gut organisiert, nur wusste man nie, ob wir wirklich mit den Zuständigen gesprochen hatten. Wir hatten nur rund 14 Drehtage und mussten viel reisen, hatten wenig Geld und es war strapaziös. Wir waren alle fertig. Wir wollten einfach diese Drehorte, die wir gesehen hatten, mitnehmen. Doch die lagen sehr weit auseinander. Bis zwei Stunden vor Abflug haben wir noch die Aufnahmen von der Zugfahrt gemacht. Ich bin richtig glücklich, dass wir diese Aufnahmen noch drehen konnten.
Die Trilogie könnte weiter gehen, der nächste Lebensabschnitt der Freunde erzählt werden. Ist wirklich endgültig Schluss mit den Geschichten über Kathi und Jo?
Rosenmüller: Es ist spannend, da ich gemerkt habe, wie viel mir das plötzlich bedeutet und ich mich total gefreut habe, die Schauspieler wieder bei den Proben zu sehen. Vielleicht kann man ja noch mal einen Teil in fünf Jahren machen. Ich habe zwar noch kein Buch und keine Idee, aber ich merke, dass ich totale Lust hätte.
Foto: Marcus Rosenmüller beim Interview im Bayerischen Hof (c) FFF Bayern