Alexandre Espigares hat zusammen mit Laurent Witz für den Film „Mr. Hublot“ (ZEILT Productions) den Oscar in der Kategorie „Bester animierter Kurzfilm“ gewonnen. Wie er die Oscar-Reise erlebte, lest ihr hier.
Ich bin am 8. Februar nach L.A. geflogen, um beim traditionellen „Nominees Luncheon“ dabei zu sein, das jedes Jahr im Beverly Hilton Hotel stattfindet und bei dem alle Oscar-Nominierten teilnehmen. Laurent Witz, der Produzent und Regisseur von „Mr. Hublot“, konnte leider nicht dabei sein. Aber dafür begleitete mich Mickael Coedel, der Animation Supervisor von „Mr. Hublot“. In der Lobby des Hotels haben wir unsere Namenschilder bekommen: Orangene für die Nominees, Weiße für die Gäste. Ich wurde über den roten Teppich an den Fotografen vorbei in den Raum geführt, während Mickael durch eine andere Tür in den Ballsaal geleitet wurde. Dort durfte ich dann auch der Präsidentin der Motion Picture Academy, Cheryl Boone Isaacs, die Hand schütteln.
Vor dem Essen gab es einen Sektempfang, bei dem sich alle Nominierten und ihre Gäste kennenlernen und „socializen“ konnten. Interessant bei der Tischbesetzung ist, dass alle Teilnehmer bunt durcheinander gemischt werden. Wenn man Glück hat, kann man schon neben dem einen oder anderen Star sitzen. Das war aber leider bei mir nicht der Fall. Aber ich habe bei der Gelegenheit unter anderem auch Max Lang und den Münchner Jan Lachauer kennengelernt, die für ihren Kurzfilm „Room on the Broom“ ebenfalls nominiert waren. Das eigentliche Essen verlief dann sehr schnell und endete mit dem traditionellen „Nominees Foto“: Alle Nominierten wurden beim Namen gerufen, stellten sich im Halbkreis auf eine kleine Bühne und wurden fotografiert. Nach dem Fotocall wurde noch ein wenig gequatscht, der Raum leerte sich aber dann recht schnell.
Am Abend hatte ich dann ein Screening im „Lycee Francais de Los Angeles“. Da unser Film zum Teil von Frankreich mitfinanziert wurde, hatte das französische Konsulat in L.A. ein Screening für die nominierten französischen Projekte organisiert. Zwei Filme wurden dort gezeigt: „Mr Hublot“ und „Avant que de tout perdre“ von Xavier Legrand. Danach gab es ein Q&A mit dem Publikum.
Am nächsten Tag ging es zum Videospielekonzern Blizzard, um „Mr. Hublot“ vorzustellen und den Angestellten den Film zu präsentieren..
Am 11. Feb bin ich dann erstmal wieder zurück nach München geflogen.
In der Woche vor der Oscarverleihung hatten Laurent und ich volles Programm. Jedes Jahr organisiert Produzent Ron Diamond für die Nominees aus der „Best Animated Shortfilm“-Kategorie eine Tour durch die Animations- und Filmstudios. Die Tour begann am 18. Februar in San Francisco und endete am 23. Februar in L.A. Persönlich war ich nur in L.A. dabei, wo wir die Sony Filmstudios, Sony Animation, Fox Filmstudios, Dreamworks Animation, Disney Animation, Disney Film Archives sowie Disney Toon Studios besuchten. In San Francisco standen außerdem noch DreamWorks, Pixar, Apple und ILM auf dem Programm. Meistens starteten wir jeden morgen zwischen 9 und 11 Uhr und waren bis 15 oder 16 Uhr unterwegs. Abends wartete dann auch schon immer das nächste Event auf uns: ein Dinner, ein Screening etc.
Am 25. Februar fand das Academy Nominated Shorts Screening und ein Panel mit den Animated Shortfilm Nominees (“Feral”, “Possession”, “Mr. Hublot”, “Room on the Broom”, “Get a horse”) statt.
Am 26. Februar waren wir beim Nominees Dinner, einem Abendessen für Animated Shortfilm Nominees und Shortfilm Nominees mit einigen der Academy of Motion Pictures Art and Sciences-Governors. Unter anderem waren auch Chris Sanders, der Regisseur von „The Croods“ und der deutsche Disney Animator Andreas Deja unter den Gästen.
Die folgenden Tage besuchten wir eine Oscar Party bei Ron Diamond zu Hause, nahmen am Academy Animated Feature Symposium teil, einem Panel mit den Regisseuren und Produzenten der nominierten Animationsfilmen („Frozen“, „Ernest & Celestine“, „The Wind Rises“, „The Croods“, „Despicable Me 2“) sowie an der „Shorts International Party“.
2. März 2014: Tag der Oscar-Verleihung
Laurent und ich hatten morgens noch ein interview mit RTL Luxemburg. Nach dem Interview bin ich zurück in mein Hotel gekehrt, um mich umzuziehen. Mit meiner Freundin sind wir dann gegen 14.00 Uhr mit dem Mietwagen vom Hotel losgefahren und haben uns mit Laurent, dem Künstler Stephane Halleux und Guy Daleiden, dem Direktor des Luxembourg Film Fun, getroffen.
Der Hollywood Boulevard ist am Tag der Oscarverleihung fast ganz gesperrt. Ein grüner „Car Pass“ hinter der Windschutzscheibe hat es uns ermöglicht, an den Checkpoints vorbeizufahren. An einem der Checkpoints wurde auch unser Kofferraum kontrolliert.
Am roten Teppich angekommen, wurden wir dann von einer Frau empfangen, die uns über den Teppich geführt hat und uns den Leuten von der Presse vorstellen sollte. Nach einem kurzen Security Check standen wir dann mitten auf dem roten Teppich und durften eine ganze Weile rauf und runter laufen. Danach ging es dann ins Dolby Theatre. Bis 17.15 Uhr mussten alle Beteiligten ihre Plätze eingenommen haben, da die Oscars ja live übertragen werden. Die Werbepausen sind übrigens auch live in die Show eingebaut. Sie dauern ungefähr drei Minuten, in denen man den Saal auch verlassen darf. Unsere Kategorie „Best animated shortfilm“ war gleich in der ersten Stunde dran. In der Werbepause davor wurden wir mit den anderen Nominees unserer Kategorie in eine Box links neben der Bühne gesetzt, damit wir schneller auf die Bühne gelangen, wenn wir aufgerufen werden. Nachdem unser Film von Matthew McConaughey ausgerufen wurde, war die Freude erstmal riesig. Unser Favorit war eigentlich Disney. Wir hatten vor der Verleihung Anweisungen bekommen, wie wir uns zu verhalten hatten, sollten wir den Oscar gewinnen. Die Anweisungen waren: unten an der Bühne vorbeigehen, durch die mittlere Treppe hoch, den Oscar entgegennehmen und sofort ans Mikrofon und in 45 Sekunden die Rede schmeißen. Als unser Film ausgerufen wurde, ging ich automatisch die ganzen Schritte durch: an der Bühne vorbei, mittlere Treppe hoch etc. Eigentlich war ich ganz entspannt. Ich glaube, zu dem Zeitpunkt war mir noch nicht bewusst, was der Oscar bedeutet. Laurent war ein paar Schritte hinter mir. Ich musste ihn vorlassen, da er die Rede halten sollte. Gegenüber von uns war ein Teleprompter, auf dem die Sekunden abliefen, während Laurent redete. Ich habe zu dem Zeitpunkt nur den Countdown im Auge gehabt. Mir wird gerade bewusst, dass ich die Situation eigentlich sehr sachlich angegangen bin.
Nach der Rede ging es dann hinter die Bühne und in einen Fahrstuhl. Im Lift durfte ich dann Matthew McConaughey nochmal die Hand schütteln. Wer die ältere Dame war, die mit uns im Lift fuhr (und davor auch auf der Bühne war) wusste ich zu dem Zeitpunkt noch nicht. Erst später erfuhr ich, dass es sich um Kim Novak handelte.
Nach der Oscarverleihung haben wir uns für Presse-Interviews und Fotocalls mit Matthew McConaughay und Kim Novak aufgestellt. Das dauerte ungefähr eine halbe Stunde. Danach konnten wir zurück in den Saal, um den Rest der Show anzuschauen, oder uns an die Bar setzen. Laurent und ich haben uns für die Bar entschieden und in der nächsten Werbepause unsere Freundin bzw. Frau dazu geholt, die auf einer anderen Ebene saßen. Wir wollten den Moment noch eine Weile zusammen mit Stephane Halleux und Guy Daleiden von der luxemburgischen Filmförderung genießen.
Foto: Matthew McConaughey mit den glücklichen Oscar-Gewinnern Laurent Witz (Mitte) und Alexandre Espigares (rechts) (c) Getty Images