Wie eine App des Münchner Indie Entwicklerstudios Klonk Games die Exponate im Deutschen Museum lebendig werden lässt.
„Als Kind hat mich das Deutsche Museum vor allem interessiert, weil es Knöpfe gab, die ich drücken konnte. Nicht wegen der tollen Exponate. Ein bisschen Spielzeug ist für ein Museum immer gut“, erzählt Robin Kocaurek, der Mitgründer von Klonk Games, über seine Erfahrungen als Kind im Deutschen Museum. Mit seiner Firma hat der junge Entwickler dazu beigetragen, dass Kinder und Jugendliche ihren Museumsbesuch mit dem entsprechenden Spielzeug nun noch aufregender erleben können – eine App, mit der sie die Exponate auseinander und wieder zusammenbauen können. Also das machen dürfen, was im Museum nicht möglich ist. „Unsere Physikkenntnisse haben wir dabei wirklich wieder auffrischen müssen“, erzählt Kocaurek und lacht dabei. Der Aufwand hat sich gelohnt. Die Entwickler haben viele Exponate in der Abteilung „Kraftmaschinen und Energietechnik“ mit Fotoreferenzen nachgebaut oder stilisiert. Die Schüler können diese in der App über ein Tablet abrufen und bekommen die Aufgabe, ausgewählte Exponate zu fotografieren und diese digital über die App wieder zusammenzubauen. „Wir versuchen, das was im Museum vorhanden ist, als Ausgangspunkt zu nehmen und damit zu spielen“.
Im zweiten Schritt der App beginnt der Experimentierteil. Ein Wasserrad funktioniert beispielsweise nur mit den richtigen Schaufeln. Die Schüler lernen über die App, welche Schaufelgröße das Rad optimaler Weise zum Laufen bringt und können ausprobieren, welche Konsequenzen zu kleine oder zu große Schaufeln haben. Dazu müssen die jungen Besucher zusätzlich Fragen beantworten, deren Antworten auch in den Beschreibungstexten an den Originalexponaten zu finden sind. „Die Grundidee war, den Ausstellungsstücken eine interaktive Ebene hinzuzufügen, für die immer das Originalexponat benötigt wird. Das Deutsche Museum soll als Institution immer noch notwendig sein. Deshalb funktioniert die App auch nur im Museum und nicht zu Hause“, erklärt Robin Kocaurek. Am Ende der Tour bekommt jede Gruppe ein PDF mit Auswertungen, damit die Schüler sehen können, wie sie abgeschnitten haben. Die Ergebnisse können über einen USB-Stick gespeichert und dann in der Klasse diskutiert und besprochen werden.
Als die ersten Schulklassen den Rundgang durch die Ausstellungsstücke getestet haben, fiel Robin und seinem Team ein Stein vom Herzen, als sie die Reaktionen der Schüler gesehen haben. „Wir sind ja Spieledesigner, wir machen normalerweise reine Unterhaltungsmedien und wenn jemand etwas dabei lernt, ist es ein Zufallstreffer. Tatsächlich haben sich die Schüler aber nach dem Rundgang in einen Raum gesetzt und lange diskutiert, Zusammenhänge durch die App verstanden und sich gegenseitig erklärt, warum was wie funktioniert. Das hat uns richtig stolz gemacht.“ Und damit haben die Entwickler dem Deutschen Museum nicht zu viel versprochen, als sie die App damit beworben haben, dass sie pädagogisch wertvoll sei und jeder etwas damit lerne.
Ursprünglich war die App auf 7. bis 8. Physik-Klassen der Mittelschule abgestimmt. Die Angestellten des Deutschen Museum haben inzwischen aber eine Tour zusammenstellen können, die verschiedene Schwierigkeitsstufen beinhaltet und an die Schulklassen angepasst werden kann. Dass die Mitarbeiter über ein Content Management System die Routen durch die Exponate planen und ändern können, war Robin und seinem Team wichtig. Nur wenn neue Exponate hinzukommen oder ausgetauscht werden, erfolgt dies über Klonk Games.
Die Zusammenarbeit zwischen den Gamern und dem Deutschen Museum hat sich somit gut eingespielt. Das war am Anfang gar nicht so einfach.
„Es war schwer, eine Sprache zu finden, wie wir miteinander reden. Gemeinsam haben wir aber eine Vision der App entwickelt und umgesetzt und damit waren die Mitarbeiter des Museums auch Feuer und Flamme. Wenn jemand merkt, was das Medium Games alles kann, vereinfacht das die Zusammenarbeit ungemein“, so der Entwickler.
Zurzeit müssen die Schulklassen die digitale Führung mit der App buchen, da das Museum die App noch nicht der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat. Doch eine Downloadfunktion über den App Store schließt Robin Kocaurek für die Zukunft nicht aus. Und da die App bei den Schülern und den Mitarbeitern in der Energietechnik-Abteilung auf so viel Zustimmung stößt, wird momentan entschieden, die App auch auf andere Abteilungen im Museum auszuweiten. Den Schülern würde diese Entscheidung bestimmt gefallen.
Foto: Schüler beim Museumsbesuch mit der neuen App (c) Birgit Loidl